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"Keine Sorge, wir kriegen euch schon wieder flott."
Hendrik hat gut reden, denn wir Frauen haben die Vorarbeit geleistet. Meine Freundin fing schon an zu schaufeln, während ich losmarschierte. Denn im Vorbeifahren waren mir die Hütten aufgefallen, bei denen ich jetzt hoffentlich Helfer finden konnte. Und schon bei der ersten der aus Zweigen gefertigten bienenkorbähnlichen Behausungen kam auf mein Rufen jemand heraus. Auf Englisch und mit Händen und Füßen erklärte ich ihm, dass unser Auto im Sand des Ugab festsaß. In seiner Sprache sagte er etwas zu seiner Frau, dann holte er eine Schaufel aus ihrem Versteck und ging mit mir zum Fluss. Er überprüfte die Situation von allen Seiten, legte sich auch auf den Bauch, um unter dem Auto durchzublicken. Das war allerdings nicht möglich, da die Hinterräder bis an die Achse im Sand steckten. Dann reichte er seiner Frau, die inzwischen nachgekommen war, die Schaufel, gab ihr eine kurze Anweisung und entfernte sich durch den Sand des Flussbetts. Wir waren jetzt drei Frauen mit zwei Schaufeln und schaufelten um die Wette. Eine mit der großen Schaufel, eine mit unserem kleinen Klappspaten und die dritte mit ihren Händen. Ab und zu reichten wir die Werkzeuge weiter, und mit der Zeit ähnelte die Umgebung unseres Autos einer Baustelle.
Mit unserer Helferin konnten wir, da wir kein Damara sprechen, zwar nicht reden, uns aber durch Gesten und Mimik verständlich machen. Und wir konnten auch alleine erkennen, dass es nicht ausreichte, die Räder freizuschaufeln, wenn das Auto mit seiner gesamten Unterseite auf dem Sand aufsaß. So weit die Arme und die Schaufeln reichten, gruben wir uns unter den Wagen und förderten immer mehr Sand zu Tage. Und gerade, als wir überlegten, ob wir wohl genug geschaufelt hatten, tauchte unser Helfer wieder auf, zwei Männer und eine Frau im Gefolge.
Jetzt übernehmen die Männer die Kontrolle. Mit wichtigen Mienen überprüfen sie die von uns geleistete Arbeit. Einer der Neuankömmlinge, er stellt sich als Hendrik vor, erklärt mir, "Keine Sorge, wir kriegen euch schon wieder flott." Und im selben Atemzug murmelt er etwas unfeines über die Touristen, die immer meinen, sie müssten genau an dieser Stelle den Fluss überqueren.
Die beiden anderen Männer haben inzwischen das Ergebnis unseres Schaufelns akzeptiert und beordern meine Freundin als die leichtere von uns beiden ans Steuer. Ein kurzes Gasgeben, ein heftiges Schieben durch alle anderen, und schon ist der Wagen aus der handgeschaufelten Grube heraus. Allerdings in der falschen Richtung. Aber durch Hendriks Sprachkünste wird uns klargemacht, es sei wichtig, das Auto überhaupt erst mal aus dem Loch herauszuholen. Die beiden Frauen sammeln jetzt mehrere Armvoll dürrer Zweige. Mit diesen werden die Löcher im Sand, die das Auto hinterlassen hat, ausgefüllt. Dann bekommt meine Freundin die Anweisung, den Rückwärtsgang einzulegen und so lange Gas zu geben, bis das Auto wieder auf festem Grund steht. Wir anderen versammeln uns vor dem Wagen, dann das Kommando: "drive!" Mit vereinten Kräften schieben, drücken wir rückwärts, mit Schwung wieder hinein ins Loch, die Zweige halten, die Reifen greifen, heraus aus dem Loch, jetzt die Böschung, alle Kraft einsetzen, die Räder drehen durch, nicht nachlassen, jetzt! Als die Hinterräder oben festen Boden fassen, macht das Auto einen Satz rückwärts, ich liege noch einmal der Länge nach im Sand, aber der Wagen ist wieder frei!
Erleichtert setzen wir uns mit allen unseren Helfern in den Schatten eines Baums. Wir reichen die Wasserflasche herum, verteilen Äpfel. Unserem ersten Helfer und seiner Frau schenken wir unsere letzten sauberen T-Shirts, Hendrik meine Wanderschuhe. Ein letztes Dankeschön, dann fahren wir weiter.
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