NamibiaReisetagebuch02. bis 30.10.2001 mit Chriss "Crazy Camel" P.
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Dienstag, 02.10.2001Wir sind in Namibia! Nach interessantem Workshop am Wochenende, der immer noch nicht ganz verdaut ist (wie sollte er auch - war ja keine Chance, darüber nachzudenken) und durchgearbeiteter Nacht von Sonntag auf Montag (der Auftrag war vormittags um 10 fertig und die e-Mail abgeschickt), ging es dann gestern (Montag) Nachmittag los. Dank des Reisefiebers habe ich nicht den angepeilten Bus um 16 Uhr 20 erwischt, sondern schon den um 16 Uhr 10, was sich als gut herausstellte. Durch das Wies’n-bedingte Verkehrschaos (wer denkt schon an so was?!) hatten wir nämlich dann 10 Minuten Verspätung und ich war genau pünktlich an der Donnersberger Brücke. Chriss wurde von Heinz zur S-Bahn begleitet, den wir dann auf dem Bahnsteig zurücklassen mussten, und wir kamen um 18 Uhr am Flughafen an. Normalerweise wäre das - mehr als drei Stunden vor dem Abflug - viel zu früh gewesen, aber wegen der verschärften Kontrollen und unseren Fotoausrüstungen fürchteten wir ... Nur waren die Kontrollen gar nicht schlimmer als sonst, die Kontrolleuse wollte nur die beiden Gehäuse und das dicke Tele begucken, bei Chriss sogar nur das Tele, und dann waren wir durch und wussten nicht, was wir mit unserer Zeit anfangen sollten. Also mampften wir jede ein Sandwich, ratschten, Chriss telefonierte, und irgendwann wurde auch unser Flug aufgerufen. Als alle in den Bus gepfercht waren, schlossen sich die Türen, der Bus fuhr an, fuhr zehn Meter, hielt an, die Türen öffneten sich, der Busfahrer stieg aus und verschwand. Aber nach einiger Zeit kam er doch zurück, und der nächste Halt war wirklich am Flugzeug. Mit einiger Verspätung starteten wir dann um 21 Uhr 45 und flogen Richtung Süden. Leider hatten wir keine Fensterplätze bekommen und konnten also vom Alpenpanorama nichts erkennen. Schon bald gab es einen Aperitif, aber bis das Abendessen serviert wurde, war es beinahe Mitternacht. Und dann schlief ich, bis Chriss mich weckte, weil das Frühstück serviert wurde. Kurz nach dem Essen setzten wir bereits zum Landeanflug an und um ½8 standen wir auf afrikanischem Boden. Beim Zoll wurden wir dann - hatten wir doch verdächtig viel Gepäck - in den roten Bereich umgeleitet, aber glücklicherweise nicht gefilzt sondern nur befragt. Offensichtlich glaubhaft versicherten wir, keine Namibier zu besuchen und auch keine Geschenke dabeizuhaben und durften dann die Sperre passieren. Abgeholt wurden wir von Herrn Nolte (Kai, nicht Nick), dem Eigentümer unseres zukünftigen Autos, dessen Mutter im gleichen Flugzeug gekommen war. Von netten Leuten durch die Gegend kutschiert werden, ist ein angenehmer Anfang. Wir wurden bis zu unserer Pension gebracht und verabredeten uns für nachmittags, um das Auto zu übernehmen. Dann die Pension. Wieder eine sehr nette Frau, allerdings etwas verwundert, da wir für gestern im Buch standen. Trotzdem kein Problem, da sie weder ausgebucht waren noch sind. Verständnis auf beiden Seiten, da sowohl sie als auch ich sagen, vielleicht habe ja ich den Fehler gemacht. Später sehe ich nach und stelle fest, dass es wirklich mein Fehler war. Habe ich doch für die Nacht vom ersten zum zweiten reserviert. Immerhin dürfen wir sofort - es ist inzwischen ungefähr 9 Uhr - das Zimmer beziehen, und das ist gut so. Dank der Nacht im Flugzeug fühlen wir uns beide verschwitzt und angeschmuddelt und unwohl. Dem helfen wir ab, kramen noch ein bisschen in unserem Gepäck herum, legen ein Viertelstündchen die Beine hoch und raffen uns dann auf, Windhoek zu besichtigen.
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Allzu viel gibt es da zwar nicht, wir schlendern die Independence Avenue hinauf, wechseln erst mal Geld, geben dann gleich welches aus für Briefmarken und landen anschließend in einem Laden, der gleichzeitig Museum ist. Nach ausgiebigem Besichtigen und Bestaunen verlassen wir den Laden wieder, sehen uns noch einen anderen an und - nach gemütlichem Mittagessen - auch noch einen kunsthandwerklichen Markt in der Peter-Müller-Straße. Diese gehen wir hinauf zur Christuskirche und dann hinüber in den Park vor dem Tintenpalast. Dort verbringen wir einige Zeit auf einer Bank und mit Fotografieren, vor allem die blühenden Jacaranda-Bäume haben es uns angetan. Vom Tintenpalast aus gehen wir hinüber zum Reiterstandbild, an dem uns allerdings die Eidechsen (eine Rotkehlagame und mehrere kleinere andere) viel mehr faszinieren als der "Reiters aus Südwest". Dann besuchen wir noch das namibische Staatsmuseum in der alten Feste, und schon wird es Zeit für den Rückweg. Unterwegs machen wir noch einen Abstecher in einen Supermarkt, um Wasser, Cola und für mich einen Sonnenhut zu kaufen. Letzterer fliegt mir aber dank einiger Windstöße auf dem Weiterweg mehrmals fast vom Kopf, doch ich bringe ihn heil in unsere Pension. Dort waschen wir uns nur kurz und warten dann auf Herrn Nolte, der uns - afrikanisch pünktlich mit 20 Minuten Verspätung - mit unserem eigenen Auto abholt. Nach Erledigung der Formalitäten und gründlicher Einweisung holen wir uns noch einige Tipps für die Reise. Inwieweit sie sich verwirklichen lassen, wird sich zeigen. Den ersten Tipp probieren wir gleich aus, nämlich das Restaurant fürs Abendessen. Auf Herrn Noltes Empfehlung hin fahren wir zu Joe’s Beerhouse, in dem wir nach einigem Hin und Her - erst: alle Tische reserviert, essen an der Bar; dann: wir können doch einen Tisch haben; dann Unklarheit, ob wir die Getränke an der Bar bezahlen müssen oder erst später; dann finden wir unsere "Lotsin" zum Tisch nicht; dann ist nicht eindeutig, ob wir ein oder zwei Essen bestellt haben - ein hervorragendes Zebrasteak verspeisen. Nach dem Essen fahren wir auf fast direktestem Weg - nur eine Abzweigung verpasse ich - zurück zur Pension. Dort packt Chriss ihr Gepäck um - das steht mir morgen früh noch bevor - während ich beginne, Tagebuch zu schreiben. Zwischendurch unterbreche ich zwei Mal um zu versuchen, eine Riesenameise zu fotografieren. Da das Monster nicht stillhält, gebe ich schließlich auf und schreibe weiter. Und schreibe und schreibe und schreibe ... aber nicht mehr die ganze Nacht lang. Jetzt ist es viertel vor zehn und ich gehe schlafen.
Mittwoch, 03.10.2001Fahrtag! Ich erwache schon um halb acht, lange bevor der Wecker klingelt, bleibe noch ein bisschen liegen, bis ich ins Bad gehe. Dann packe ich meine Taschen um, und als auch Chriss aus dem Bad kommt, gehen wir frühstücken. Jetzt heißt es, unseren ganzen Krempel im Auto verstauen und losfahren. Allerdings nur bis zum nächsten Supermarkt, wo wir Großeinkauf machen. Immerhin kann es sein, dass wir uns die nächsten sechs Tage lang selbst versorgen müssen. Falls wir mal Essen gehen können, werden wir es trotzdem tun. Und dann geht’s los! Halt, nein, an der nächsten Tankstelle füllen wir noch Wasser- und Benzinkanister, bevor die Fahrt endgültig beginnt. Wir verlassen Windhoek nach Süden, biegen dann aber gleich ab, auf die C26 nach Westen. Und dann hört auch schon bald der Asphalt auf und die Schotterstraßen beginnen. Leider müssen wir schon bald feststellen, dass unser Benzinkanister so, wie er jetzt verstaut ist, undicht ist. Dummerweise hat er aber aufrecht keinen Platz im Gepäckraum, so dass Chriss ihn jetzt neben den Füßen stehen hat. Auf guter Straße fahren wir bergauf und -ab, sehen schon bald eine Familie Paviane, überqueren den Kupferberg-Pass, sehen noch eine Gruppe Paviane und biegen dann ab auf die D1282, eine Querverbindung zur C24. Dort gibt es allerdings an einer Stelle eine Umleitung, und danach ist der Wegweiser nicht ganz eindeutig. Ich nehme nach Gefühl (na ja, sollte man hier eigentlich nicht tun, aber trotzdem) die rechte Abzweigung, und wir landen auf einer wunderschönen Strecke. Eine abwechslungsreiche Schotter-, Staub-, Sandpiste führt uns mit immer wieder tiefen, steilen Furten durch Trockenflüsse durch wechselnde Landschaft. Inselberge, Hügel, einzelne Farmen, immer wieder Tore zu öffnen und zu schließen, Rinderherden, Straußenfamilie mit unzählbar vielen Jungen (Straußenfarm? Die Vögel sind jedenfalls hinter einem Zaun), zwei Erdhörnchen, unzählige riesige Nester der Siedelweber. Allerdings wird mir so langsam mulmig, denn nach dem Kilometerzähler hätten wir die C24 schon längst erreicht haben sollen ... Aber dann zeigt sich, dass unsere Abzweigung doch die richtige gewesen war: an einer Farm treffen wir auf die andere Straße, so wie wir es geplant hatten. Diese ist zwar auch nicht geteert, es gibt aber keine Sandlöcher mehr. Bei der Farm Nauchas verlassen wir diese "Hauptstraße" wieder in Richtung Spreetshogte Pass.
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Am Anfang der Straße ein großes Warnschild: gesperrt für Trucks, Trailers & Caravans. Morgen steht uns immerhin ein Gefälle von mehr als 22% bevor. Aber heute beenden wir die Fahrt auf dem obersten Parkplatz, am Beginn der Gefällestrecke, mit einem traumhaften Blick auf die Ebene der Namib mit ihren Inselbergen, viele hundert Meter unter uns. Und dann freuen wir uns auf den Sonnenuntergang. Aber zuerst gibt es Abendessen - äh - soll es Abendessen geben. Nur hat keine von uns daran gedacht, Streichhölzer einzukaufen. Und ohne Streichhölzer nutzt der beste Gaskocher nichts. Also gibt es die Baked Beans kalt, direkt aus der Dose. Immerhin können wir dadurch den Abwasch auf ein Minimum reduzieren. Und das Panorama macht das einfachste Essen zu einem Festmahl. Während dann die Sonne vom Himmel fällt, steigt vom Meer - das wir nicht sehen, aber riechen können - Dunst auf. An der Küste herrscht bestimmt dichter Nebel und wir beobachten, wie er sich über der Wüste breit macht. Als die Sonne langsam in die Dunstschichten taucht, verfärbt sie sich von gelb über orange zum rot. Als glutroter Feuerball versinkt sie schließlich im Meer, in dem sie noch eine lange Spiegelung hervorruft. Als es dann langsam dunkel wird, kommt ein Stern nach dem anderen zum Vorschein. Die Milchstraße zieht sich als langes Band am Himmel entlang, der Skorpion ist endlich mal wieder komplett zu sehen, senkrecht über uns steht der Mars im Schützen und das Kreuz des Südens taucht langsam auf. Auch einige Sternschnuppen sind zu sehen, doch dann geht der Mond auf. Gestern war Vollmond, so dass er heute auch noch groß, rund und hell ist. Noch kaum über den Horizont gekrochen, verursacht er schon lange Schatten. Während er höher steigt, wird er so hell, dass wir zum Schreiben beinahe auf die Lampe verzichten können. Sterne sind bei dieser Helligkeit natürlich kaum mehr zu erkennen. Plötzlich hören wir ein Geräusch. Kommt da wirklich ein Auto den Pass herauf, und dann biegt es - es ist sogar ein Reisebus - auch noch auf unseren Parkplatz ein! Zum Glück stehen wir etwas versteckt, so dass wir nicht direkt belästigt werden, aber Abgase und Zigarettenqualm ziehen zu uns herüber. Und außerdem wollen wir, so lange der Bus da ist, kein Licht anmachen, um die Leute nicht direkt auf uns aufmerksam zu machen. Doch schließlich steigen die Reisenden wieder in ihren Bus, die Türen schlagen zu und der Spuk ist vorbei. Jetzt herrscht wieder friedliche Stille.
Donnerstag, 04.10.2001Eigentlich (fängt das jetzt schon an?) habe ich mir den Wecker auf fünf Uhr gestellt, um den Vollmond über der Namib zu sehen und vielleicht zu fotografieren. Als ich aber irgendwann in der Nacht aufwache, ist der Himmel komplett bedeckt - nix mit Mond über der Wüste. Also schalte ich den Wecker aus und schlafe, bis ich von selbst aufwache. Das ist aber trotzdem recht früh, kurz vor sieben beobachte ich (noch im Liegen), wie die Sonne über den Horizont kommt. Dann stehen wir auf, frühstücken gemütlich - allerdings ohne Kaffee oder Tee, da für heißes Wasser Streichhölzer nötig wären. Anschließend sitzen wir noch rum, betrachten die Landschaft und die vorbeifahrenden Autos. Eines davon hält auch an, die Insassen steigen aus, um die Aussicht zu bewundern. Mit diesen beiden Frauen - einer älteren und einer jüngeren - kommen wir auch ins Gespräch. Die Jüngere ist aus Frankfurt und zu Besuch da, die Ältere lebt auf einer Farm am Rand der Namib. Sie erzählt uns, dass sie eine Gästefarm betreibt und wir stellen fest, dass sie sich optimal anbietet als Übernachtungspunkt für die Fahrt nach Lüderitz. Also werden wir uns in ein paar Tagen wiedersehen. Die beiden fahren weiter und auch wir machen uns so langsam abfahrbereit. Als endlich alles verstaut ist, geht’s los, passabwärts. Am nächsten Parkplatz legen wir noch einen kurzen Stopp ein um festzustellen, dass unser Übernachtungsplatz der bessere mit der schöneren Aussicht war. Und dann kommt wirklich die Abfahrt, die steilste offizielle Straße Namibias, ein Gradient von 1:4,5 (22,22 % Steigung bzw. für uns Gefälle).
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Als wir die Randstufe überwunden haben, liegt wieder flaches Land vor uns, gespickt mit einigen Inselbergen. Auch die Straße ist, wenn auch ungeteert, gut hergerichtet, breit und verleitet zum Schnellfahren. Immer wieder muss ich mich zurückhalten, damit ich nicht viel schneller als die "vernünftigen" 80 fahre. Auf diese Art und Weise kommen wir gut vorwärts, durchqueren schon einmal einen Ausläufer des Naukluft-Gebirges. Bei der Farm Büllsport tanken wir Benzin fürs Auto und Eis für die Kühlbox, dann nehmen wir den Rest des Weges unter die Räder. Nach dem Passieren des Tors zum Namib-Naukluft-Park - Chriss durfte mal wieder Gatter öffnen und schließen - ging es auf schmaler Strasse hinein ins Bergmassiv. Am Parkbüro war erst mal niemand da, auf unser Hupen hin kam dann ein Ranger. Da ich den Campingplatz von zuhause aus gebucht und bezahlt hatte, mussten wir nur noch den Eintritt in den Park bezahlen und konnten dann unseren Stellplatz suchen. Der Campingplatz ist klein - nur 4 Stellplätze - großzügig angelegt mit Sitzgruppe und Feuerstelle an jedem Platz und schön sauber. Wir halten erst mal ausgiebig Siesta und am späten Nachmittag, als die Hitze etwas nachlässt, machen wir einen kleinen Spaziergang entlang des - trockenen - Naukluft Rivier nach Süden. Zurück am Camp, nimmt Chriss zum ersten Mal den Kocher in Betrieb - Streichhölzer haben wir in Büllsport besorgt - und kocht uns ein leckeres Abendessen aus Reis mit Erbsen und Würstchen. Nach dem Essen müssen wir bei Taschenlampenlicht abwaschen, anschließend ist Sternguckzeit. Skorpion mit Antares und der Schütze mit dem leuchtenden Mars stehen hoch im Süden, die Berge ringsum stehen tiefschwarz vor dem Himmel.
Freitag, 05.10.2001Um sieben klingelt der Wecker. Bis ich aus dem Waschraum komme, hat Chriss schon den Wasserkessel auf den Kocher gestellt. Außerdem macht sie als Kraftfrühstück den restlichen Erbsenreis vom Abendessen warm. Bis dann abgespült ist, der Rucksack gerichtet und Chriss aus dem Bad zurückkommt, ist es 10 Uhr, Zeit zum losgehen.
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Wir wollen den Waterkloof Trail ein Stück weit gehen. Ein herrlicher Weg, immer entlang dem Bett des Naukluft Rivier (aber in die andere Richtung wie gestern). Manchmal läuft er direkt im Bachbett, manchmal etwas höher. An einer Stelle verlieren wir die Markierung und gehen ein falsches, weil Seiten- Tal hoch. Als aber keine Markierung auftaucht, sondern nur Zebraspuren und Zebralosung, drehen wir um und finden aus dieser anderen Perspektive dann auch die richtige Markierung. Jetzt ist auch ab und zu ein bisschen Wasser im Bach, sofort gibt es grüne Pflanzen, sogar Binsen wachsen. Weiter oben, in einer Felswand, entdecken wir drei Klippspringer. Die kleinen Antilopen werden beobachtet und fotografiert, dann gehen wir weiter. Im Schatten eines Wäldchens machen wir Pause. Diese wird unterbrochen, weil wir unbedingt Paviane fotografieren müssen. Und dann gehen wir nochmals weiter - in der glühenden Mittagshitze - bis zu zwei tiefen Wasserlöchern im Fels, die vom Bach durchflossen werden. Dort verbringen wir nochmals viel Zeit mit Fotografieren und Schreiben, Chriss versucht sich als Malerin. Bis das Bild fertig ist, dauert allerdings länger, als sie geschätzt hat, und so ist es schon fast halb sechs, bis wir den Rückweg in Angriff nehmen. Immerhin geht es - bis auf einen kurzen aber steilen Anstieg gleich am Anfang - fast nur noch bergab, und nach einer Dreiviertelstunde sind wir wieder im Camp, wo Chriss uns ein leckeres Abendessen kocht und ich duschen gehe. Bis wir dann abspülen, ist es schon wieder dunkel, und nach ein bisschen Sternegucken sind wir um 9 im Bett.
Samstag, 06.10.2001Dank dem frühen Ins-Bett-Gehen sind wir beide schon vor 7 wach und stehen auch bald darauf auf. Wir lassen es wieder gemütlich angehen, frühstücken ausgiebig, beobachten nebenbei Klippschliefer-Silhouetten am gegenüberliegenden Grat und lassen es uns gut gehen. Auch nach dem Frühstück haben wir keine Eile, wir genießen den Tag. Ich schreibe ein wenig und versuche mich zum ersten Mal mit dem Zeichenstift. Außerdem reden wir einige Zeit mit einem der Ranger, der sich hier zu einsam fühlt und sich gerne versetzen lassen möchte. Bis wir aufbrechen, ist es schon fast Mittag.
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Und dann fahren wir in einem wilden Zick-Zack durch die Gegend. Zuerst nach Nordost, aus dem Park raus zur Straße. Dann auf der D0854 nach Südwesten, durch eine tolle Landschaft mit Tafelbergen und Wüstengras (O-Ton Chriss: "Afrika wie aus dem Bilderbuch"). Als wir auf die C19 treffen, biegen wir nach Norden ab und die letzten Kilometer bis zum Camp Sesriem geht’s schließlich wieder nach Südwest. Dort kaufen wir erst mal ein - Wasser, Brot und Eis für die Kühlbox - und machen Quartier. Der Campingplatz ist groß, aber trotzdem liebevoll angelegt. Jeder der "besseren" Stellplätze (unserer auch) ist von einem runden Mäuerchen eingefasst, in dessen Zentrum sich ein großer, schattenspendender Kameldornbaum und ein Wasserhahn befindet.
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Nach einer Rast ziehen wir noch mal los, zum Sesriem Canyon. Bis wir dort ankommen, steht die Sonne schon ziemlich tief, und wir verbringen sowohl oben am Abbruch als auch unten in der Schlucht viel Zeit mit Fotografieren. Erst nach Sonnenuntergang, als wirklich kein Licht mehr da ist, gehen wir zurück zum Auto. Zum Abendessen gibt es Gulasch mit Nudeln und nebenher schmieren wir uns Brote für morgen. Nach dem Abspülen geht uns ein Messer verloren, wir stellen den Wecker auf fünf und dann ist wieder ein Urlaubstag vorbei.
Sonntag, 07.10.2001Mit wildem Fiepen reißt der Wecker mich aus dem Schlaf. Der Besuch im Bad wird auf ein Minimum reduziert, gefrühstückt wird später, und viertel vor sechs sind wir unterwegs. Auf der Straße zum Sossusvlei erleben wir, wie der Himmel immer heller wird und als wir auf dem Parkplatz vor dem Sossusvlei das Auto abstellen, geht gerade die Sonne auf.
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Wir packen eine erste Portion Wasser und belegte Brote in die Rucksäcke und marschieren los zum Hidden Vlei. Es sind ungefähr zwei Kilometer zu gehen, zuerst über trockenes Flussbett, zusammengebackenen Lehm mit Miniatur-Tafelbergen, dann wird’s sandig und dünig. Über eine Düne geht’s zu einem werdenden Mini-Vlei und als wir dann oben auf der nächsten ankommen, liegt vor uns das Hidden Vlei im besten Fotografierlicht. An dieser Stelle bleiben wir über eine Stunde, verschießen unzählige Bilder und genießen den Anblick. Dann wird unsere Ruhe von zwei ankommenden Paaren gestört und als diese wieder weg sind, brechen auch wir auf. Wieder am Auto, tauschen wir leergetrunkene Wasserflaschen und leergegessene Vespertüten gegen jeweils volle und erwischen gerade noch ein abfahrendes "Taxi" ins Sossusvlei. Die Fahrerin fährt recht rasant, an manchen Stellen stoßen wir mit den Köpfen beinahe ans Wagendach, und sie erzählt uns noch verschiedenes über die Umgebung. So erfahren wir beispielsweise, dass die Wurzeln der Kameldornbäume 50 bis 100 Meter tief gehen und die Bäume deshalb überleben können, wenn alles andere ringsum vertrocknet. Nur im Dead Vlei sind auch diese Bäume abgestorben, da vor ungefähr 500 Jahren der Tsauchab sein Bett verlegt hat und es seither auch kein unterirdisches Wasser mehr gibt.
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Am Sossusvlei angekommen, verabreden wir uns mit "unserer" Fahrerin auf halb zwei für die Rückfahrt und gehen los, am Rand des Vlei entlang. Chriss will eine Düne besteigen und geht recht den Hang hoch, ich habe für heute genug vom Sandstapfen und bleibe also unten. Ich gehe quer durchs Vlei, fotografiere dabei einige Pflanzen und setze mich dann in den Schatten eines Kameldornbaums, der am Rand des Vlei auf einer kleinen Anhöhe steht. Es bläst ein leichter Wind, und so halte ich ausgiebig Siesta. Erst als ich sehe, dass Chriss auf dem Rückweg ist, steige ich von meinem "Hochsitz" herunter und gehe zurück zum Picknickplatz. Kurz vor der Ankunft von Chriss kommt eines der Fahrzeuge, die den Shuttle-Transport zum Parkplatz durchführen und bringt einige Neuankömmlinge. Nachdem Chriss dann da ist, kommt der Fahrer zu uns und bietet an, er könne uns mitnehmen. Als wir ihm erklären, dass wir mit seiner Kollegin verabredet sind, meint er, das sei kein Problem, sie hätten Funkkontakt und so steigen wir bei ihm ein - das heißt, wir stehen auf der Ladefläche und halten uns während der Fahrt auf der Rüttelpiste am Geländer fest. Und gerade, als wir losfahren, kommt "unsere" Fahrerin angebraust - so viel zur Kommunikation. Dafür werden wir schon bald von ihr überholt, später kommt sie uns sogar noch mal entgegen. Mit ein wenig Warten wären wir also deutlich schneller am Parkplatz gewesen - aber wir haben ja Urlaub und deshalb Zeit. Und dieser "afrikanische Omnibus" ist auch ein Erlebnis für sich. Außerdem treffen wir auf dieser Fahrt eine nette deutsche Touristin, mit der wir uns gut unterhalten. Nachdem wir am Parkplatz angekommen sind, fahren wir wieder zurück zum Camp, wo wir erst mal Siesta halten. Gegen fünf fängt Chriss dann an, das Abendessen zu kochen. Nach Essen und Spülen und Aufräumen fahren wir noch mal ein Stückchen in Richtung Sesriem Canyon, um (mit Stativ) Nach-Sonnenuntergangsstimmungen zu fotografieren. Gestern hatten wir sie bewundert, aber keine Energie mehr gehabt, sie zu fotografieren. Heute haben wir die Energie (wenigstens einigermaßen), dafür ist die Lichtstimmung nicht so toll. Zum Einen sind wir etwas spät dran, zum Andern liegt sehr viel Staub in der Luft. Na ja, wieder mal ein Fall für "sag nie, morgen ist auch noch ein Tag".
Montag, 08.10.2001Wir hatten beschlossen, heute einigermaßen früh aufzustehen, uns aber dann Zeit zu lassen und erst noch ein wenig zu schreiben. Da macht uns allerdings der starke Wind, der uns dauernd mit Sand pudert, einen Strich durch die Rechnung. Zum Frühstücken suchen wir zwar hinter dem Auto Schutz, ganz hält das Wind und Sand allerdings nicht ab und Erdnussbutter mit Sand vermischt auf dem Brot knirscht beim Kauen so unangenehm. Also packen wir unseren Krempel ein und fahren los. Beim Laden fassen wir noch mal Wasser und tanken, dann setzt sich Chriss zum ersten Mal auf den Fahrersitz. Langsam aber sicher fährt sie - zum allerersten Mal im Linksverkehr und zum allerersten Mal auf Schotterstraße!
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Gleich nach dem Parktor des Namib-Naukluft-Park biegen wir rechts ab auf die D0826 nach Süden. An der ersten Kreuzung merke ich zu spät, dass wir rechts hätten abbiegen sollen, und schon lernt Chriss das Umdrehen mit unserem Wagen. Danach ist die Navigation unproblematisch, die Landschaft immer noch "typisch Afrika" mit hellem Gras auf der Ebene im Vordergrund und wechselnden Bergen dahinter. An einer Stelle entdeckt Chriss zwei interessante Vögel, wir setzen zurück, um sie zu beobachten und zu fotografieren. Und das nächste Auto, das vorbeikommt, hält an, der Fahrer kurbelt die Scheibe runter und fragt, ob wir Probleme haben. Als wir ihm erzählen, dass wir nur Vögel fotografieren, lacht er, wünscht "drive safely" und fährt weiter. Das tun wir dann auch. Als die Entscheidung ansteht, ob wir den Abstecher zum Schloss Duwisib machen oder nicht, entschließen wir uns für gemütliches Fahren und gegen das Schloss. Wir wollen schließlich heute ungefähr 280 Kilometer weit kommen, bis zur Farm der Frau vom Spreetshogte Pass. Von der D0407 wechseln wir auf die D0707, landschaftlich immer reizvoll, aber wir zwingen uns, nicht zu oft anzuhalten. Teilweise fotografiere ich aus dem fahrenden Auto heraus. Für die letzten 50 Kilometer übernehme ich das Steuer wieder. Kurz vor der Abzweigung zur Farm Gunsbewys steht neben der Straße ein Oryx, der uns genauso neugierig beäugt wie wir ihn. Erst als der Bock davongaloppiert, fahren wir weiter. Die drei Kilometer von der Straße zur Farm sind dann noch recht heftiger Sand. Vor dem Gästehaus sitzen Leute, aber im Haupthaus ist niemand da. Wir gehen also zum Gästehaus und treffen dort auf ein Pärchen, Jürgen und Sabine, die wir schon gestern am Sossusvlei gesehen haben. Diese erzählen uns, als sie ankamen, wären sie von zwei jungen Schwarzen empfangen worden. Die schlossen ihnen das Gästehaus auf, erzählten was von "come tonight" und verdünnisierten sich dann. Während wir reden, geht langsam die Sonne unter, und der Himmel färbt sich in allen Farben von Orange bis Lila, auch die Berge färben sich Magenta. Und zwischendrin steht der Oryx und einige Strauße. Nach dem Sonnenuntergang, das wissen wir, bleibt uns nur eine kurze Zeitspanne, bis es dunkel wird. Wir überlegen kurz und erhalten dann von Sabine und Jürgen die Erlaubnis, falls niemand mehr kommt, das Bad im Gästehaus mitbenutzen zu dürfen. Daraufhin fahre ich das Auto auf ein ebenes, eingezäuntes Feld nebenan, das wir für den Campingplatz halten. Schon beim Hinfahren kommt es mir komisch vor, dass keine Straße oder auch nur Fahrspur hinführt, ich stelle den Wagen trotzdem da ab. Aber schon auf dem Rückweg zum Gästehaus überlege ich, dass das wohl doch nicht sein kann. Sabine und Jürgen erlauben uns, auf dem Vorplatz vor dem Gästehaus zu nächtigen. Ich hole also das Auto wieder, habe aber Schwierigkeiten, in dem weichen Sand rückwärts zum Tor hinaus zu kommen und dann zu wenden. Aber mit ein paar Mal Schaukeln gelingt beides, und dann steht unser Camper oben neben dem Häuschen. Wir vier beschließen, unsere Vorräte zusammenzulegen und gemeinsam zu kochen und zu essen. Aber während der Reis köchelt - und die Dosen mit Gemüse noch zu sind - sehen wir in der Ferne Autoscheinwerfer. Die kommen näher, das Auto fährt zum Farmhaus und heraus steigen die Eigentümerin - Frau Gräbner, wie wir inzwischen wissen - und ihre jüngere Freundin Bärbel. Wir besprechen die Übernachtungsfrage, ich beichte den auf dem Feld angerichteten Flurschaden und werde beruhigt, das wäre nicht so schlimm. Dann kommt das Abendessen zur Sprache. Frau Gräbner schlägt vor, unseren Reis zum Haupthaus mitzubringen, sie hätte noch Straußenfleisch, das gegessen werden müsste. Also speisen wir, statt spartanisch Reis mit Dosengemüse, ganz feudal Strauß mit Rosenkohl und Reis auf der Terrasse des Haupthauses. Als Nachtisch gibt es dann noch frische Ananas. Und als Beilage interessante Gespräche über Politik und die Welt und speziell über Namibia. Danach betrachten wir noch einige Zeit den Sternenhimmel und besprechen, am nächsten Morgen um Viertel nach fünf mit Frau Gräbner zu einer Dünenwanderung aufzubrechen. Bis wir dann im Bett sind, ist Mitternacht schon lange vorbei.
Dienstag, 09.10.2001
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Furchtbar! Es ist erst fünf vor fünf und der Wecker fiept schon. Aber die Aussicht auf ein tolles Erlebnis bringt uns schnell in Gang. Ungewaschen und ohne gefrühstückt zu haben, zwängen wir vier uns mit Frau Gräbner in ihren 4x4 und fahren ungefähr 5 Kilometer an den Dünen entlang. Am Ausgangspunkt der Wanderung angekommen, wendet Frau Gräbner den Wagen gleich und stellt ihn, um wieder wegzukommen, mit der Schnauze bergab hin. Dann lassen wir das Auto stehen und gehen zu Fuß weiter, etwa eine Stunde lang die Dünen hinauf. Unterwegs sehen wir viele interessante Spuren im Sand, von Käfern, Eidechsen und einem Schakal. Am höchsten Punkt kommen wir pünktlich zum Sonnenaufgang an. Wir bleiben lange oben um zu fotografieren und zu schauen. Als es wärmer wird, kommen einige Käfer zum Vorschein - braune Skarabäiden - mit denen wir uns vergnügen. Dann geht es langsam bergab, immer wieder von Frau Gräbner auf Kleinigkeiten aufmerksam gemacht. Da gibt es einen schwarzen Skarabäus zu bestaunen, der seine Flugfähigkeit gegen eine Wachsschicht auf dem Panzer eingetauscht hat, die Schutz bietet vor der Sonne und vor dem Gefressenwerden. Da gibt es Raupen, Eidechsen und viele verschiedene Blümchen, die noch von der Feuchtigkeit eines Nebels vor etwa einer Woche leben. Wir treffen wieder auf die Spur des Schakals und auf die eines einzelnen Oryx. Und immer wieder, wie schon beim Aufstieg, auf die eines Goldmull, der Frau Gräbner ganz besonders fasziniert. Nach der Fahrt zurück zur Farm zeigt mir Frau Gräbner ihren kleinen Campingplatz, dessen Boden allerdings aus recht tiefem Sand besteht. Prompt bleibe ich bereits in der Einfahrt hängen, mit viel Schaukeln komme ich wieder hinaus auf den Weg, und schon wieder steht dann der Camper neben dem Gästehaus. Dann werden nur noch Gesicht und Hände gewaschen, bevor es Frühstück gibt. Wir werden fürstlich bewirtet mit Müsli und Ei und Saft und Tee bzw. Kaffee und selbstgebackenem Brot und Kaktusfeigengelee und Käse und Kumquatmarmelade und ... Jedenfalls steht so viel auf dem Tisch, dass ich nicht von allem probieren kann. Und nebenbei beobachten wir Strauße und einen Oryx an der Wasserstelle. Dieses Frühstück, bei dem wir Bärbel von unseren Erlebnissen berichten und Frau Gräbner uns von der Siedlungsgeschichte Namibias erzählt, zieht sich bis fast mittags hin. Dann fahren Sabine und Jürgen los, die zum Mittagessen auf der nächsten Farm angemeldet sind. Etwas später machen sich auch langsam Bärbel und Frau Gräbner fertig, die heute nach Keetmanshoop müssen, weil morgen das Auto einen Termin in der Werkstatt hat. Und dann sind Chriss und ich alleine, bis auf die zwei schwarzen Jungs, die sich als Farmhelfer ihr Schulgeld verdienen. Wir verbringen den Nachmittag auf der schattigen Terrasse des Haupthauses mit Schreiben und guten Gesprächen. Zum Sonnenuntergang wechseln wir auf die Terrasse des Gästehäuschens, in dem Chriss dann auch unser Abendessen kocht. Nach dem Essen schreiben wir weiter im Schein von Petroleum- und Taschenlampe, umschwärmt von Motten und anderem Fliegzeug. Als diese mich zu sehr nerven, ziehe ich mich ins Auto zurück, um dort weiter zu schreiben.
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