Island

Reisetagebuch

11.08. bis 02.09.1990
mit einer Gruppe von Arktis-Reisen Schehle

11. August 1990

Nachmittags fahren mich meine Vermieter, Herr und Frau Rülke, nach Stuttgart zum Flughafen. Da ausnahmsweise kein einziger Stau ist, bin ich natürlich viel zu früh dort. Allerdings treffe ich wenig später Maria aus dem Allgäu, die ebenfalls zu meiner Gruppe (Kennzeichen: blauer Seesack) gehört. Schließlich startet pünktlich um 20:15 Uhr unser Flugzeug der NFD (Nürnberger Flugdieste) nach Düsseldorf. Genauso pünktliche Landung um 21:00 Uhr. Dann beginnt allerdings die Warterei. Wegen einiger Probleme mit dem Flugzeug, das uns nach Keflavík bringen soll, gibt es eine "kleine Verzögerung", die allerdings ins Düsseldorfer Nachtlande- und -startverbot hineinreicht. Also werden wir im Bus nach Köln/Bonn kutschiert. Dort treffen sich an der Bar alle, die nach Island wollen, zu einer langen Nacht.

Da der Schlafsack im Seesack ist, und dieser seit Stuttgart nicht mehr gesehen wurde, muß man sich aufrecht halten, bis endlich am

12. August 1990

um 3:20 Uhr gestartet wird. Immerhin gibt es dann um 3:30 Uhr ein warmes Abendessen! Nach der Landung in Keflavík um 5:00 Uhr Ortszeit gibt es ein kleines Chaos, bis jeder im richtigen Bus sitzt. Nach etwas Kreuz- und Querfahren in Reykjavík landen wir dann doch noch auf dem Campingplatz, wo unser Reiseleiter Gert und aufgebaute Zelte auf uns warten.

Nach ein paar Stunden Schlaf und einem gemeinsamen Frühstück verbringen wir den restlichen Vormittag im Reykjavíker Schwimmbad, da Gert sich um unser Auto kümmern muß.

Inzwischen lernen wir uns kennen, soweit das nicht schon letzte Nacht geschehen ist:
André, unser Küken, ist Polizist in Kempten
Bärbel, Augenarzthelferin und Motorradfahrerin (meine Zeltgenossin)
Barbara, Hautärztin aus der Gegend um Kempten
Andrea, Studentin (Jura und Pädagogik; zukünftige Familienministerin) aus Marburg
Irene, Erzieherin und Christoph (Informatiker oder so was ähnliches) aus Leinfelden und Lahr
Maria und Reiseleiter Gert, beide Grundschullehrer in Memmingen

Nachdem das geklärt ist, können wir nach dem Mittagessen, das noch auf dem Campingplatz stattfindet, zum ersten Mal die Zelte abbauen, das Auto und den Anhänger beladen und losfahren!

Auf der Ringstraße fahren wir - das heißt, Gert fährt und wir fahren mit - nach Norden bis Mosfellsbaer. Dort biegen wir von der Ringstraße ab nach Osten. Auf noch geteerter Straße erreichen wir Thingvallavatn, Islands größten See mit fast 83 km² Fläche.

Am Nordende des Thingvallavatn liegt Thingvellir, wo wir auf einem kleinen Campingplatz das Lager aufbauen. Zuerst wird mit vereinten Kräften das Küchenzelt aufgestellt, dann sucht sich jedes Grüppchen seinen Privatschlafplatz. Gert wohnt zusammen mit Maria, Irene mit Christoph, Andrea mit Barbara und ich mit Bärbel; André hat ein "Einzelzimmer".

Nach dem Lageraufbau machen wir einen ausgedehnten Spaziergang über das Thingfeld und zur Almannagjá. Nach dem Abendessen spazieren wir noch zum Wasserfall der Öxará.

13. August 1990

Heute stehen weitere "wichtige" Sehenswürdigkeiten auf dem Programm.

Von Thingvellir aus fahren wir vorbei an Laugarvatn zum Geysirfeld. Außer dem Loch des Stori Geysir, des "Großen Geysir", der allen Geysiren der Welt den Namen gab, aber selbst nicht mehr aktiv ist, sehen wir den sehr attraktiven Strokkur, das "Butterfaß" und das "Baby" Litli Geysir. Ansonsten gibt es noch viele heiße Quellen und Fumarolen, sowie einen Aussichtspunkt mit Blick über das ganze Feld.

Nach dem Geysirfeld geht es weiter zum Gulfoss, dem "Goldenen Wasserfall". Nach einer ausgiebigen Besichtigung nehmen wir die erste Hochlandpiste unter die Räder. Auf der F37, der Kjölur, geht es zwischen Langjökull und Hofsjökull durch. Am höchsten Punkt der Strecke lassen wir den Anhänger stehen und fahren ins Kerlingarfjöll ("Riesengebirge"). Dort gibt es Liparit, der herrlich bunt ist und einen eiskalten Bach, sowie die unvermeidlichen Solfataren.

Nachdem wir zurück auf der Kjölur sind und auch den Anhänger wieder dabeihaben, geht es weiter nach Hveravellir. Nach dem Lageraufbau machen wir einen Spaziergang durch das Thermalgebiet, dessen heiße Quellen dem Platz den Namen "Ebene der heißen Quellen" gegeben haben.

Dank dieser heißen Quellen soll hier der Gesetzlose Fjalla Eyvindur mehrere Winter überlebt haben. Er schlief in der Nähe des heutigen Zeltplatzes in einer kleinen Höhle - eigentlich mehr ein Loch in der Lava - und soll angeblich in den Quellen Fleisch gegart haben. Wir haben nur uns selbst gegart; das Wasser hatte schätzungsweise 50°C. Wie wir am nächsten Morgen erfahren, lag der Schlauch mit kaltem Wasser außerhalb des Badetopfs.

14. August 1990

Wir fahren weiter nach Norden, bis wir wieder auf die Ringstraße treffen. Dieser folgen wir nach Osten bis Varmahlid. Dort in der Nähe liegt Glaumbaer, ein Freilichtmuseum mit einem alten Torfgehöft, das wir natürlich besichtigen.

Südlich von Glaumbaer und Varmahlid besuchen wir die Kirche von Vidimyri, ebenfalls ein sehenswertes Torfbauwerk. In diesem Kirchlein werden noch regelmäßig Gottesdienste abgehalten.

Da das Wetter nicht überragend ist, unternehmen wir heute nichts mehr außer Eisessen (die Isländer machen ein ganz bemerkenswert gutes Eis), Abendessen und Schwimmen.

15. August 1990

Wir bleiben auf der Straße Nr. 1 bis Akureyri, der "Hauptstadt des Nordens". Hier machen wir einen Stadtbummel, besichtigen den botanischen Garten und besuchen die Verkaufsräume einer Strickfabrik.

Mittags fahren wir weiter, bis wir - immer noch auf der Ringstraße - zuerst die Laxá und dann Myvatn erreichen. Das Lager bauen wir in Reykjahlid auf.

16. August 1990

Heute bleiben wir im Gebiet des Myvatn.

Zuerst fahren wir zur Krafla. Dort wandern wir um den Kratersee Viti und weiter in die Lava des Krafla-Ausbruchs von 1984.

Ein paar Kilometer weiter ist das Solfatarenfeld von Namaskard mit Solfataren, Fumarolen und Schlammtöpfen.

Außerdem besuchen wir - es ist erst Mittag! - die Grjotagjá, eine Heißwassergrotte neben einer Felsenschlucht - sichtbare Zeugen der Kontinentaldrift.

Weiter gehts nach Dimmuborgir, bizarren Lavagebilden. Von hier aus wandern wir zum Hverfjall (452m). Dies ist einer der größten Explosionskrater der Welt mit einem Durchmesser von ca. 1000m und einer Kratertiefe von 140m bei einer Erhebung von 150m über der Ebene. Sein Alter wird mit ca. 2500 Jahren angegeben. Wir besteigen den Krater und umrunden ihn oben.

Noch vor dem Abendessen besuchen wir die Vulcano-Show mit Filmen über die letzten Vulkanausbrüche.

Abends sind wir alles geschafft von diesem Mammutprogramm.

17. August 1990

Wir verlassen heute die "zivilisierte" Region des Myvatn und fahren ins extreme Hochland. Bei Hrossaborg zweigen wir von der Ringstraße ab, und es geht über Lavafelder, durch Steinwüste und Flüsse nach Herdubreidarlindir, einer Oase mitten in der Lavawüste. Nachdem wir dort unser Lager aufgebaut haben, fahren wir weiter zur Askja, wo wir eine ausgiebige Besichtigungswanderung unternehmen.

18. August 1990

Wieder einmal ein Tag ohne Zeltabbau!

Wir fahren bis zur Gletscherzunge des Kverkfjöll (einem Ausläufer des Vatnajökull) und wandern auf dem "markierten Weg", der nicht markiert ist und als nur zu ahnende Spur über den Gletscher führt, auf der Gletscherzunge hinauf bis zum Untereisvulkan am Kverkfjöll.

19. August 1990

Zum fünften Mal (Hin- und Rückwege zusammengerechnet) kutschiert uns Gert durch das Lavafeld südlich von Herdubreidarlindir. Nach einigen Kilometern in Richtung Süden können wir auf der Brücke, die wir gestern auch benutzt haben, die Jökulsá á Fjöllum überqueren und nach Norden zur Ringstraße zurückkehren.

Diese treffen wir bei Mödrudalur, Islands höchstgelegenem Bauernhof. Von hier eht die Fahrt auf der Ringstraße nach Grimmstadir, wir wir den Anhänger abstellen. Wir machen einen Ausflug zum Dettifoss und zum Hafragilsfoss.

Nach der Rückkehr zum Anhänger fahren wir auf dem schnellsten Weg nach Reykjahlid, wo uns das Schwimmbad lockt.

20. August 1990

Wir vollenden die vor fünf Tagen angefangene Umrundung des Myvatn auf der Ost- und Südseite mit einem Stopp bei den Pseudokratern bei Skutustadir.

Vom Myvatn fahren wir weiter zum Godafoss. Kurz nach der Abzweigung der Sprengisandur von der Ringstraße treffen wir noch auf den Aldeyarfoss - den, meiner Meinung nach, schönsten isländischen Wasserfall (von denen, die wir gesehen haben), dann schluckt uns die Wüstenlandschaft der Sprengisandur, in der man aber auch kleine Oasen treffen kann.

Wir machen noch einen kleinen Abstecher in die wilde Landschaft des Laugafell, wo es eine Hütte mit einer Badestelle gibt, dann geht die Fahrt zurück auf die eigentliche Sprengisandurstrecke, die zwischen Vatnajökull und Hofsjökull durchführt. Unterhalb des Tungnafellsjökull liegt im Nyidalur die Hütte Tungnafellsskali mit einem Campingplatz, der unser heutiges Ziel ist.

21. August 1990

In der Nacht ist ein heftiger Sturm mit Regen aufgekommen, so daß wir ohne zu frühstücken das Lager abbauen und uns in die Hütte flüchten. Hier verbringen wir mit lesen, reden, essen und schlafen einen faulen Tag und auch die nächste Nacht unter einem sicheren Dach.

22. August 1990

Obwohl es immer noch einen starken Sturm mit vielen Schauern hat, fahren wir weiter nach Landmannalaugar. Dort machen wir im Sturm eine Wanderung auf einen Berg in der Nähe. Noch vor dem Abendessen baden wir in den Landmannalaugar, den heißen Quellen der Landnehmer. Hier kann man die Badetemperatur regeln, indem man im kalten Bach mehr oder weniger nah an die fast kochend heiße Quelle rückt.

23. August 1990

Nach einer feuchtkaltstürmischen Nacht fahren wir die "Strecke hinter den Bergen" zur Eldgjá, wo wir zum Ofaerufoss mit seiner Naturbrücke laufen.

Einige Kilometer weiter südlich treffen wir wieder einmal auf die Ringstraße, die wir heute nicht mehr verlassen auf unserer Fahrt nach Westen - außer für einen Abstecher nach Dyrhólaey zu den Vogelklippen. Angeblich soll es hier Papageientaucher in rauhen Mengen geben - heute haben sie sich alle versteckt. Wir müssen uns dann eben mit Möwen zufrieden geben. Wir machen noch einen kleinen Stopp am Skógarfoss, bevor wir auf dem Campingplatz im Seljavalla Quartier machen und das schöne Schwimmbad ausnutzen.

24. August 1990

Wir fahren auf der Ringstraße zum Seljalandsfoss. Kurz danach biegt die Piste ins Thórsmörk ab. Wir machen den Abstecher entlang des Eyjafjallajökull bis zur Krossá. Da diese berühmt-berüchtigt ist und eine gute Furt nicht zu erkennen, durchqueren wir sie nicht, sondern drehen hier um.

Nachdem wir zurück auf der Ringstraße sind - vorher wurde noch mal getankt - halten wir noch kurz am Selfoss, bevor wir das Touristenzentrum Hveragerdi erreichen. Hier verlassen wir die Hauptstraße und fahren entlang der Südküste bis Grindavík. Es steht ein Bad in der Blauen Lagung an; das ist ein See, beheizt durch das Kühlwasser eines Kraftwerks am Ufer - ein seltsames Gefühl.

Der Weg führt zurück entlang der Küste bis Geitahlid, wo wir nach Norden abbiegen. Am Keifarvatn schlagen wir das Lager auf - es ist das erste und letzte Mal, daß wir wild campen.

25. August 1990

Bärbel und ich versuchen, ein Morgenbad zu nehmen. Da wir allerdings schon bei erst knietiefem Wasser total vereist sind, geben wir wieder auf. Nach dem Frühstück fahren wir auf direktem Weg nach Reykjavík zum Campingplatz. Bis Mittags machen wir einen Stadtbummel, dann müssen wir uns von André verabschieden, dessen Flug früher geht. Bärbel, Andrea und ich machen noch einen Spaziergang durch ein Villenviertel und gehen kaffeetrinken, bis Zeit zum Abendessen ist.

Danach schlägt für mich die Abschiedsstunde - allerdings nicht von Island, sondern von der Gruppe. Während die anderen heute spät am Abend zurückfliegen und morgen irgendwann heimkommen, habe ich noch fast eine Woche zur Verfügung.

Ich werde von Agga (Ragnhildur Jónsdóttir) abgeholt, bei der ich die nächsten beiden Tage bleiben darf. Ingvar, Aggas Ehemann, fährt Agga und mich in die Stadt. Obwohl es für isländische Verhältnisse relativ früh ist (etwa 22 Uhr), sind zwei Pubs schon voll, also ziehen wir weiter. Das dritte, in dem wir dann landen, ist eines der ältesten Häuser Reykjavíks. Später schauen wir noch kurz in den Nachtclub des Hotel Island (Eintritt offiziell 1000 Kr, ca. 30 DM; aber Agga fragt den Türhüter, und wir dürfen für einen Augenblick ohne Eintritt hinein), und dann geht es "heim" ins Bett.

26. August 1990

Zuerst machen Agga und ich einen Spaziergang in ihrem Wohngebiet Breidholt. Dann fährt sie zusammen mit Ingvar und ihrem Sohn Einar mit mir nach Hafnarfjördur, nach Bessadtadir - dem Wohnsitz der Präsidentin - und zum Öskjuhlid, dem Hügel mit den Warmwasserspeichern. Hier hat man einen schönen Blick auf die Stadt. Nachmittags gehen Agga und ich ins Freilichtmuseum von Arbaer. Nach dem Dinner machen wir noch einen Spaziergang am Ellidaár, abends bleiben wir daheim.

27. August 1990

Mit Agga zusammen mache ich einen Stadtbummel. Da Montag ist, haben allerdings außer dem Ásmundur-Sveinsson-Museum, das wir besuchen, die meisten Museen geschlossen. So wird es nur ein wenig Stadtbummel und Shopping.

28. August 1990

Mit dem Linienbus fahre ich von Reykjavík über Vík nach Höfn, wo ich in einem Kino eine Schlafsackunterkunft finde. Es läuft "An Innocent Man" mit Tom Selleck.

29. August 1990

Heute geht die Fahrt des Linienbusses immer an der Küste entlang. Unterwegs ist noch ein freiwilliger Stopp an der Lagund Jölulsarlón, in der Eisberge schwimmen und ein unfreiwilliger wegen einer Reifenpanne - natürlich im strömenden Regen, bevor wir nach Egilsstadir kommen. Von Egilsstadir aus bringt ein Privatbus alle, die aufs Schiff wollen nach Seydisfjördur. Hier übernachte ich in der Jugendherberge.

30. August 1990

Vormittags mache ich noch einen kleinen Bummel durch den Ort, bevor um 12:00 Uhr Ortszeit = 13:00 Uhr Schiffszeit die Norröna ablegt.

31. August 1990

Morgens um 6 hat die Norröna in Torshavn auf den Färöern angelegt. Ich habe allerdings verschlafen, so daß es sich nicht mehr lohnt, an Land zu gehen. Um 9 Uhr legt das Schiff wieder ab.

Im Laufe des Nachmittags passieren wir die Shetlands, und dann sehen wir erst wieder Land am

01. September 1990

als wir uns um 17 Uhr Bordzeit = 18 Uhr MESZ Hanstholm im Norden Dänemarks nähern.

An Bord habe ich vier Nürnberger getroffen, die mich im Auto mitnehmen. Da sie sich am Steuer abwechseln und die Nacht durchfahren, sind wir am

02. September 1990

morgens in Nürnberg. Bald darauf fährt ein Zug nach Stuttgart, und so bin ich kurz nach Mittag zu Hause in Poppenweiler, wo ich mich erst einmal ausschlafen muß.


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